Installation Metamorphosen MdBK
μεταμόρφωσεις / Metamorphosen - Seidene Fäden, die sich durch die Verbrechen der deutschen
Wehrmacht auf Kreta ziehen.
MdbK Connect, Museum der bildenden Künste, Leipzig 15.3. – 8.4.2018
Mit: Polymnia Lakiotaki, Stella Melina Vassilaki, Artemissia Anastassopoulou, Eleni Papadaki,
Zambia Tzanakaki, Katerina Kondaxaki, Deborah Jeromin, Studio Pandan, A und V e.V., KGV Hoffnung
West 1926 e.V
Installation, Mixed media
Artworks: like blossoms shaken from a tree, thousands of parachutes –
white, red, yellow, green and black – floated down on Crete,
Video / video, Leinwand / screen, 17:35 Min, 2016
Die geschichtlichen Ereignisse werden […] nicht als
Segmente eines im Zentrum der Geschichte verlaufenden
≫rote(n) Faden(s)≪ interpretiert; statt dessen stehen die
≫Schmerzensspuren […], die sich in unzähligen feinen
Linien durch die Geschichte ziehen≪, im Zentrum [der]
Betrachtung.,
Textil-Objekt / textile object, Fallschirm /
parachute, O 15 qm, 2018
[…] nahm die Seidenraupenzucht und die Seidenverabeitung
einen […] von den Machthabern stets auf jede
erdenkliche Weise geforderten Aufschwung […].
Historische Dokumente (Auswahl) / historical documents
(selection), Leihgabe / loan KGV Hoffnung West 1926
e.V.
Eine der jungsten Industrien hat der kleinen Spinnerin als
neue Verehrerschicht die Flieger gebracht. [...] Nur wer sich
durch einen Absprung mit (dem Fallschirm) [...] gerettet
hat, darf dem ≫Raupenclub≪ angehoren.
Projektion / projection, Seidenraupe / silkworm, Clip entnommen
aus NS-Lehrfilm Seidenraupenzucht II aus dem Jahr
1939 / video taken from NS educational film Seidenraupenzucht II, 1939
DEUTSCH
Anhand der Metamorphose von Naturseide entspinnt sich eine brutale Geschichte, in der Seide zum
Propaganda - Instrument, zum Rüstungsgut, zur Todesursache und zum Taschentuch wird. Am 20. Mai
1941 begann der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Kreta. Der Einsatz von ca. 10.000
Fallschirmjägern war der Anfang der deutschen Terror-Herrschaft auf der Insel. Bis Ende 1944
folgten Massen-Exekutionen und das Niederbrennen von vielen Dörfern. Deborah Jeromin verfolgt
die Geschichte vonFallschirmseide – von der NS-Seidenraupenzucht in Leipzig über die
Luftlandeschlacht
auf Kreta bis hin zur dortigen Wiederverwendung der Fallschirme. Ende der 1930er Jahre wurden im
Leipziger Kleingartenverein Hoffnung West 1926 e.V. Maulbeeren angepflanzt, um Seidenraupen für
die Produktion von Fallschirmen züchten zu können. Im Mittelpunkt der Installation stand eine
Videoarbeit, in der die Künstlerin kretische Zeitzeuginnen nach dem Verbleib der Fallschirme
befragt hat. Durch ihre Erinnerung an textile Handarbeitsprozesse erzählen die Frauen von den
Verbrechen der Deutschen Wehrmacht und den Lebensbedingungen auf Kreta während der deutschen
Besatzung von 1941 bis 1944. Die äußeren Felder des präparierten Fallschirmes waren aufgetrennt
und zeigten die offen liegenden Fäden. Ausgewählte, originale Dokumente aus dem
≫Seidenraupenzuchtschuppen-Ordner≪ erlaubten ein genaues Hinschauen auf die Akribie der
Reichsfachgruppe der Seidenbauer e.V. Ein Gemälde wurde für die Ausstellung direkt vor der
Zündkerzenhalle angebracht:Fallschirmjäger I wurde 1941 von der Leipziger Künstlerin Elisabeth
Voigt gemalt und ist in der Sammlung des MdbK. Die Projektion einer spinnenden Seidenraupe über
die ganze Wand der hohen Ausstellungshalle wurde mit der gegenüber angebrachten Leuchtreklame
einer Zündkerze in Beziehung gesetzt. In Form einer liegenden Acht bzw. dem
Unendlichkeitszeichen bewegt die Raupe die beiden Spinndrusen, um sich im Kokon zu verpuppen.
ENGLISH
μεταμόρφωσεις / Metamorphosen – silken threads running through the crimes of the German
Wehrmacht on Crete
The metamorphosis of natural silk weaves a brutal story in which the material becomes an
instrument of propaganda, a weapon, a cause of death and a handkerchief. The German Wehrmacht
launched its invasion of Crete on 20 May 1941. The deployment of around 10,000 paratroopers
marked the beginning of the German reign of terror on the island, involving mass executions and
the burning of many villages by the end of 1944. Deborah Jeromin traces the history of parachute
silk – from the Nazi’s silkworm farms in Leipzig to the airborne battle over Crete and the reuse
of parachutes on the island. Mulberry hedges were planted in the Leipzig allotment named
Kleingartenverein Hoffnung West 1926 e.V. in the late 1930s to breed silkworms for the
production of parachutes. The installation revolves around a video in which the artist asked
Cretan survivors about the whereabouts of the parachutes. Remembering their textile handicrafts,
the old women speak of the crimes committed by the German Wehrmacht and the conditions of life
on Crete during the German occupation from 1941 to 1944.
They add to the narrative by retelling a hitherto unheard chapter in the history of women. The
outer sections of the changed parachute were unfurled, showing the exposed threads. Selected,
original documents from the ≫Seidenraupenzuchtschuppen- Ordner≪ (Silk Worm Breeding Shed Folder)
provided an impression of the meticulous work performed by the Reichsfachgruppe der Seidenbauer
e.V., the group of experts entrusted with silkworm farming. A painting was placed in front of
the Zündkerzenhalle: Paratrooper I was painted by the Leipzig artist Elisabeth Voigt in 1941 and
is included in the MdBK collection.
The image of a silkworm spinning its threads was projected across the entire wall of the high
exhibition hall and placed in a context with the illuminated sign of a spark plug mounted
directly opposite. The caterpillar moves its two spinning glands in the shape of a horizontal 8
– the symbol of infinity – to pupate in its cocoon.
gefördert von Stiftung EVZ – Erinnerung, Verantwortung, Zukunft